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Walpurgisnacht deutsche Übersetzung
von Roland Zoss

Walpurgisnacht Lyrics Übersetzung

Walpurgisnacht ©Roland Zoss 1978, (Hochdeutsche Version aus Album "Sternstunde")
Es war an einem Vorsommerabend
als ich die Strassen hinter mir liess
und auf leisen Traumtänzerfüssen
den Weg nahm, den der Mond mir wies

Der Abendwind wiegte die Tannen
das Holz duftete schwer nach Harz
als ich von fern einen Brunnen
im Mondlicht funkeln sah wie Quarz

Er stand in einer weiten Lichtung
zwischen drei Erlen im Sumpfgras
und wie ich ihn staunend berührte
da – war er ganz aus Glas

Ich beugte mich über den Rand
trank vom kristallklaren Quell
mit offnen Augen, offenem Mund
da wurde es um mich rege und hell


Harfenmusik wiegte mich in den Wind
Elfen mit saphirblauen Flügeln
tanzten Reigen libellengeschwind
über den mondbeschienen Hügeln

Sie nahmen mich gleich in ihren Kreis
um das blaue Feuer auf
dann besang der erwachte Wald leis
der Sterne und der Wesen Lauf

Füchse, Falken, Turteltauben,
Rehe, Raben, Salamander
Zaunkönige und Nachtigallen
sassen rundum beieinander

Zwischen den Seelen der grossen Toten
hockten Hexen, die mit wehenden Haaren
auf diamantenbeschlagenen Ruten
aus Transsilvanien hergeflogen waren

Auf einmal verstummte das rege Getue
in die Runde trat der Meister der Ruhe
gehüllt in ein Kleid aus geflochtenem Farn
mit einer hölzernen Lade im Arm


Dicht vorm Feuer blieb er stehn
zog ein vergilbtes Buch aus der Lade
liess seinen Blick durch die Runde gehn
und rief: «Hört, was ich euch zu sagen habe!

Das ist das tausendjährige Buch der Gewalt
von Tyrannen geschrieben mit Untertanenblut
von falschen Päpsten und Priestern gesalbt!»
und er schmetterte es in die stiebende Glut

Ein Raunen ging durch die dichten Reihen
als der Geist von Nero heulend verschwand
Napoleon rief: «Vive l’empereur!»
Der Meister ergriff den nächsten Band:

«Auch das hundertjährige Buch der Vernunft»
sprach er, «zeugt nicht von Zufriedenheit
Maschinen übernahmen die Lebenskunst
machten euch zu Sklaven der Arbeitszeit»

Hinter mir war ein Seufzen und Greinen als auch das Buch in Flammen aufging
Einstein und Marx umarmten sich weinend
doch alle schauten zum Meister hin

Er hielt ein drittes Buch in der Hand
mit weissen unbeschriebenen Seiten
sprach: «Das ist der letzte Band!»
dann verschwand er unter den Leuten

Einen Windstoss lang blieb es still
man gedachte der gefallenen Bäume
der ausgerotteten Tiere der Welt
der verwüsteten Böden und Meeressäume

Doch dann hub ein Huschen und Tanzen an
Waldelfen mit flechtenbekränzten Haaren
verteilten Harzmilch und Ambrosia
an alle, die hier beisammen waren

Der Mond war lang schon untergegangen
die Sterne verblassten am Firmament
als der Dirigent mit dem Wacholderzweig
und ein Geisterchor zu singen begannen

Es war das Lied vom neuen Tage
das ich nun sorgsam bei mir trage
als mein Beitrag zum dritten Buch
in das auch ich zu schreiben habe

zuletzt bearbeitet von Roland (Jimmy-Flitz) am 16. November 2022, 17:20

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