Stempellied deutsche Übersetzung
von Ernst Busch
Stempellied Lyrics Übersetzung
STEMPELLIED 1929
(Lied der Arbeitslosen)
Keenen Sechser (*1) in der Tasche,
bloß 'n Stempelschein. (*2)
Durch die Löcher der Kledaasche (*3)
kiekt die Sonne rein.
Mensch, so stehste vor der Umwelt
jänzlich ohne was;
wenn dein Leichnam plötzlich umfällt,
wird keen Ooge naß.
Keene Molle (*4) schmeißt der Olle (*5),
wenn er dir so sieht ..-.. Tscha
die Lage sieht sehr flau aus,
bestenfalls im Leichenschauhaus
haste noch Kredit.
Stellste dir zum Stempeln an
wird det Elend nich behoben. –
Wer hat dir, du armer Mann,
abjebaut (*6) so hoch da droben? (*7)
Ohne Arbeit, ohne Bleibe
biste null und nischt.
Wie 'ne Fliege von der Scheibe
wirste wegjewischt.
Ohne Pinke (*8) an der Panke (*9)
stehste machtlos da,
und der Burschoa (*10) sagt: Danke!
rückste ihm zu nah.
Äußerst schnell schafft
die Jesellschaft Menschen uff 'n Müll –
Wenn de hungerst, halt de Fresse;
denn sonst kriegste 'ne Kompresse – (*11)
und das mit Jebrüll.
Stellste dir zu pampich an,
setzt et jleich 'n Wink von oben –
denn es hab 'n dich armen Mann
abjebaut die hoch da droben.
Und so kieken dir de Knochen
sachte aus der Haut.
Und du bist in wen'gen Wochen
völlig abjebaut.
Und du koofst dir een paar Latten
für 'ne letzte Mark;
denn für eenen dünnen Schatten
reicht 'n dünner Sarg.
Nur nich drängeln
zu die Engeln
kommste noch zur Zeit.
„Holde (*12) Rationalisierung“
singt dir de Jewerkschaftsführung
sinnig zum Geleit.
Stell dir vorsichtshalber dann
Jleich zum Stempeln an auch oben –
denn du bleibst, als armer Mann,
abjebaut auch hoch da droben.
Text: David Weber (= Robert Gilbert, eigtl. Robert Winterfeld)
Musik: Hanns Eisler
******************************************************
*1) Sechsling, auch Sechser, eine Münze im Wert von sechs Pfennigen beziehungsweise einem halben Groschen. Nach der Einführung der Mark (Währung) als Reichswährung wurde die Bezeichnung auf das wertgleiche Fünfpfennigstück übertragen.
*2) In den 20er Jahren mussten die Arbeitslosen wöchentlich auf dem Arbeitsamt erscheinen, um sich ihr Arbeitslosengeld abzuholen. Dann bekamen sie auf ihrem Bezugsschein ("Stempelschein") einen Stempel, damit sie nicht zweimal kommen konnten.
*3) Berliner Slangwort für "Kleidung"
*4) Berliner Slangwort für eine Halbe Bier (0,5l)
*5) gemeint ist Gott
*6) verschönernde Umschreibung für "entlassen". Heute sagt man gerne "freigesetzt"
*7) man nimmt bei diesen Zuständen an, dass Gott auch entlassen worden sein muss...
*8) Berliner Slangwort für "Geld"
*9) Die Panke ist ein kleines bis mittelgroßes, auf dem Barnim in Bernau entspringendes Fließgewässer, das in Berlin in die Spree mündet.
*10) Bourgeois; "Bürger"; das Bürgertum; hier: der Kapitalist
*11) Eine Kompresse (von Lateinisch comprimere, „zusammendrücken“) ist eine Wundauflage aus einem Stück Mull (Gaze), Vliesstoff, oder auch einem gefalteten Tuch, das zur Blutstillung (u. a. durch Druck) und dem Schutz der Wundfläche dient.
*12) veraltet: gewogen, treu; von freundlicher Gesinnung
(Lied der Arbeitslosen)
Keenen Sechser (*1) in der Tasche,
bloß 'n Stempelschein. (*2)
Durch die Löcher der Kledaasche (*3)
kiekt die Sonne rein.
Mensch, so stehste vor der Umwelt
jänzlich ohne was;
wenn dein Leichnam plötzlich umfällt,
wird keen Ooge naß.
Keene Molle (*4) schmeißt der Olle (*5),
wenn er dir so sieht ..-.. Tscha
die Lage sieht sehr flau aus,
bestenfalls im Leichenschauhaus
haste noch Kredit.
Stellste dir zum Stempeln an
wird det Elend nich behoben. –
Wer hat dir, du armer Mann,
abjebaut (*6) so hoch da droben? (*7)
Ohne Arbeit, ohne Bleibe
biste null und nischt.
Wie 'ne Fliege von der Scheibe
wirste wegjewischt.
Ohne Pinke (*8) an der Panke (*9)
stehste machtlos da,
und der Burschoa (*10) sagt: Danke!
rückste ihm zu nah.
Äußerst schnell schafft
die Jesellschaft Menschen uff 'n Müll –
Wenn de hungerst, halt de Fresse;
denn sonst kriegste 'ne Kompresse – (*11)
und das mit Jebrüll.
Stellste dir zu pampich an,
setzt et jleich 'n Wink von oben –
denn es hab 'n dich armen Mann
abjebaut die hoch da droben.
Und so kieken dir de Knochen
sachte aus der Haut.
Und du bist in wen'gen Wochen
völlig abjebaut.
Und du koofst dir een paar Latten
für 'ne letzte Mark;
denn für eenen dünnen Schatten
reicht 'n dünner Sarg.
Nur nich drängeln
zu die Engeln
kommste noch zur Zeit.
„Holde (*12) Rationalisierung“
singt dir de Jewerkschaftsführung
sinnig zum Geleit.
Stell dir vorsichtshalber dann
Jleich zum Stempeln an auch oben –
denn du bleibst, als armer Mann,
abjebaut auch hoch da droben.
Text: David Weber (= Robert Gilbert, eigtl. Robert Winterfeld)
Musik: Hanns Eisler
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*1) Sechsling, auch Sechser, eine Münze im Wert von sechs Pfennigen beziehungsweise einem halben Groschen. Nach der Einführung der Mark (Währung) als Reichswährung wurde die Bezeichnung auf das wertgleiche Fünfpfennigstück übertragen.
*2) In den 20er Jahren mussten die Arbeitslosen wöchentlich auf dem Arbeitsamt erscheinen, um sich ihr Arbeitslosengeld abzuholen. Dann bekamen sie auf ihrem Bezugsschein ("Stempelschein") einen Stempel, damit sie nicht zweimal kommen konnten.
*3) Berliner Slangwort für "Kleidung"
*4) Berliner Slangwort für eine Halbe Bier (0,5l)
*5) gemeint ist Gott
*6) verschönernde Umschreibung für "entlassen". Heute sagt man gerne "freigesetzt"
*7) man nimmt bei diesen Zuständen an, dass Gott auch entlassen worden sein muss...
*8) Berliner Slangwort für "Geld"
*9) Die Panke ist ein kleines bis mittelgroßes, auf dem Barnim in Bernau entspringendes Fließgewässer, das in Berlin in die Spree mündet.
*10) Bourgeois; "Bürger"; das Bürgertum; hier: der Kapitalist
*11) Eine Kompresse (von Lateinisch comprimere, „zusammendrücken“) ist eine Wundauflage aus einem Stück Mull (Gaze), Vliesstoff, oder auch einem gefalteten Tuch, das zur Blutstillung (u. a. durch Druck) und dem Schutz der Wundfläche dient.
*12) veraltet: gewogen, treu; von freundlicher Gesinnung
zuletzt bearbeitet von Pedro (Pedro_Lucha) am 23. Januar 2015, 7:24